Autoimmunerkrankungen: Wenn dein Körper zum Feind wird

Shownotes

Am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung untersuchen Wissenschaftler:innen die Mechanismen von Infektionskrankheiten und ihrer Abwehr. Die Ergebnisse der Grundlagenforschung entwickeln wir systematisch in Richtung medizinischer Anwendung. Zu den wissenschaftlichen Fragestellungen, die wir bearbeiten, gehören:

Was macht Bakterien oder Viren zu Krankheitserregern?
Warum sind manche Menschen besonders empfindlich, andere dagegen widerstandsfähig gegenüber Infektionen?
Wie können wir in Infektionsprozesse eingreifen?
Wie übertragen wir unsere Erkenntnisse auf die Anwendung beim Menschen?

Zur Klärung solcher Fragen untersuchen wir Erreger, die medizinisch relevant sind oder die als Modell für die Erforschung von Infektionen genutzt werden können. Das Verständnis dieser Mechanismen wird dazu beitragen, Infektionskrankheiten durch neue Medikamente und Impfstoffe zu bekämpfen. Ziele

Aufgabe des Zentrums ist es, zur Bewältigung der Herausforderungen beizutragen, die Infektionskrankheiten im 21. Jahrhundert an Medizin und Gesellschaft stellen. Seine Forschungsschwerpunkte hat das HZI im Programm Infektionsforschung festgelegt. Das Programm legt besonderes Gewicht auf den Transfer von Forschungsergebnissen in die Anwendung, auf die individualisierte Infektionsmedizin und die Anwendung von Informations- und Datentechnologien für die Infektionsforschung.

Wenn ihr mehr über das HZI erfahren wollt, dann schaut doch einmal im Netz unter www.helmholtz-hzi.de vorbei!

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00:00:00: Schwache Muskeln, Magendam oder Atemwegsbeschwerden, Schmerzen, immer.

00:00:09: Mal mehr, mal weniger schlimm.

00:00:11: Könnt ihr euch das vorstellen?

00:00:16: Vielleicht betrifft es euch sogar.

00:00:19: Vielleicht gehört ihr zu den über 6 Millionen Menschen in Deutschland, bei denen der eigene

00:00:24: Körper zum Feind wird.

00:00:26: Und zwar genau der Teil, der eigentlich alles Feindliche bekämpfen sollte.

00:00:30: Dieser Teil des Körpers kämpft aber in den eigenen Reihen.

00:00:34: Richtet sich gegen körpereigendes Gewebe.

00:00:37: Das Immunsystem

00:00:40: Autoimmunerkrankungen zu behandeln funktioniert mit Medikamenten, die das Immunsystem unterdrücken.

00:00:46: Damit sind zwar die permanenten Symptome mehr oder weniger unter Kontrolle, aber es ist

00:00:50: auch verdammt gefährlich.

00:00:52: Denn wenn die Abwehr lahmgelegt wird, wehrt sie logischerweise auch nichts mehr ab, was

00:00:56: wirklich feindlich ist.

00:00:58: So können eigentlich harmlose Infektionen lebensbedrohlich werden.

00:01:02: Und Impfungen keinen Schutz bieten.

00:01:04: Das zu ändern.

00:01:06: Menschen mit den meist unheilbaren Erkrankungen das Leben erträglicher zu machen, das ist

00:01:11: die Mission von Dr.

00:01:12: Dr.

00:01:13: Teresa Grahlmann.

00:01:14: Die Forschendeärztin leitet die Forschungsgruppe Translationale Immunologie am Twin Core in

00:01:20: Hannover.

00:01:21: Im gemeinsamen Forschungsstandort des Helmhäuszentrums für Infektionsforschung und der medizinischen

00:01:26: Hochschule Hannover.

00:01:27: Hier kann ganz nah an den Betroffenen erforscht werden, welche Mechanismen genau hinter speziellen

00:01:32: Autoimmunerkrankungen stecken und wie man Medikamente und Impfstoffe für Betroffene verbessern

00:01:37: kann.

00:01:38: Und darüber spreche ich jetzt mit der Ärztin und Forscherin Teresa Grahlmann.

00:01:42: Wie lösen Bakterien und Viren Krankheiten aus?

00:01:47: Wie währt sich unser Immunsystem dagegen?

00:01:50: Und was müssen Wirkstoffe können, um gefährliche Infektionen zu bekämpfen?

00:01:54: Am Helmhäuszentrum für Infektionsforschung, kurz HZI, wird nach Antworten auf diese Fragen

00:02:00: gesucht.

00:02:01: Wie diese Forschung funktioniert?

00:02:03: Wie die Ergebnisse in der Medizin genutzt werden?

00:02:06: Und wer die Menschen sind, die hier forschen, das hört ihr hier bei Infekt.

00:02:10: Dem Podcast des Helmhäuszentrums für Infektionsforschung.

00:02:13: Ich bin Julia Deman, Biologin und Wissenschaftsjournalistin.

00:02:17: Hi!

00:02:18: Ja, wir sitzen hier in Hannover.

00:02:24: Bei mir ist Dr.

00:02:25: Dr.

00:02:26: Teresa Grahlmann.

00:02:27: Hallo, Teresa.

00:02:28: Hi.

00:02:29: Teresa, du erforscht mit deiner Forschungsgruppe Autoimmunerkrankungen.

00:02:33: Insbesondere haben wir gerade eben schon mal im Off drüber gesprochen.

00:02:37: Chronisch-Rheumatische Erkrankungen.

00:02:38: Bei so einer Krankheit bekämpft er das Immunsystem den eigenen Körper.

00:02:42: Kann man das so vereinfacht sagen?

00:02:46: Oder ist das zu stark vereinfacht?

00:02:49: Und warum macht das Immunsystem das bei manchen Menschen?

00:02:52: Ja, das kann man tatsächlich auf jeden Fall so sagen bei Autoimmunerkrankungen, wie du

00:02:57: schon ganz richtig sagst, den chronisch-rheumatischen Erkrankungen, insbesondere mit denen ich mich

00:03:02: auskenne oder etwas besser als mit jetzt anderen Autoimmunerkrankungen.

00:03:05: Da ist das so, dass das Immunsystem bestimmte Bestandteile des Körpers erkennen, sogenannte

00:03:10: Antigene und die dann mit einer Entzündung angreift.

00:03:15: Ja, das, was es eigentlich machen sollte, um Erreger zu erkennen und zu vernichten,

00:03:20: das passiert eben dann auch im eigenen Körper und es werden Organe und Strukturen erkannt

00:03:26: und dort wird Entzündung gemacht, wo es eigentlich nicht hingehört oder nicht sein sollte.

00:03:30: Woher kommt so was?

00:03:32: Also welcher Mechanismus steckt dahinter, dass das Immunsystem quasi so fehlgeleitet ist?

00:03:36: Das ist ganz unterschiedlich, je nach der Autoimmunerkrankung.

00:03:40: Das ist nicht komplett zu vereinheitlichen.

00:03:42: Was man sicherlich sagen kann, ist einerseits, dass eine bestimmte Toleranz, die man sich

00:03:47: gegenüber hat, also dem eigenen Körper gegenüber, dass die verloren geht, die sollte eigentlich

00:03:54: aufgebaut sein bei den spezifischen Zellen, die wir haben, die eben sehr, sehr starke

00:03:59: Entzündungen auslösen können und sehr gut Erreger abwehren und die kann verloren gehen.

00:04:04: Warum genau das so ist, das wissen wir bei ganz vielen Autoimmunerkrankungen nicht komplett

00:04:08: im Detail und dann kann es eben auch nochmal ganz unterschiedliche Faktoren sein und unterschiedliche

00:04:14: Zelltypen auch, die beteiligt dann bei den unterschiedlichen Autoimmunerkrankungen.

00:04:18: Okay, spannend.

00:04:19: Was sind also die häufigsten Autoimmunerkrankungen?

00:04:22: Also das, was du so erforscht, oder gibt es welche, die noch viel häufiger vorkommen?

00:04:26: Genau, also es gibt neben den chronisch-reumatischen Erkrankungen auch so ganz Bekannte wie zum

00:04:30: Beispiel den Typ 1 Diabetes.

00:04:33: Es gibt relativ häufig autoimmunisch-hildrüsen-Erkrankungen, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen,

00:04:39: ganz viele verschiedene.

00:04:40: Dann gibt es noch verschiedene neurologische Erkrankungen, wie zum Beispiel die Multipliskerose.

00:04:47: Genau, und bei den chronisch-reumatischen Erkrankungen, das ist nochmal wieder ein Überbegriff für

00:04:52: ganz viele Erkrankungen.

00:04:53: Die bekannteste ist sicherlich die Rheumatoideatritis und die ist auch keine selten Erkrankung.

00:04:58: Die betrifft immerhin 1% der Weltbevölkerung.

00:05:01: Also ja, jeden Hundertsten.

00:05:04: Genau, je älter man wird, desto höher ist die Chance, dass man eine Rheumatoideatritis

00:05:11: entwickelt.

00:05:12: Und dann gibt es aber auch eine ganz große Gruppe an sehr seltenen Erkrankungen, die

00:05:15: im Endeffekt auch wirklich jedes Organ, was wir haben, betreffen können.

00:05:19: Wie werden Autoimmunerkrankungen behandelt?

00:05:22: Da gibt es ja dann bestimmte Medikamente und was entstehen möglicherweise auch für Probleme

00:05:28: dabei?

00:05:29: Ja, Autoimmunerkrankungen natürlich einerseits sehr breit behandeln, also das, was man machen

00:05:34: muss, ist, man muss das Immunsystem dämpfen.

00:05:36: Das kann man einmal mit der großen Keule machen.

00:05:39: Das bekannteste ist sicherlich Cortison, das hat jeder schon mal gehört.

00:05:42: So ein bisschen das Wundermittel von allen Rheumatologen, aber auch vielen Hautärzten,

00:05:47: zum Beispiel, wenn es um entzündliche Hauterkrankungen geht.

00:05:50: Cortison hilft fast immer.

00:05:52: Es gibt nur eine ganz, ganz kleine Auswahl an der Erkrankung, wo man das nicht nehmen

00:05:55: sollte.

00:05:56: Das hilft fast immer und vor allem hilft es total schnell.

00:05:59: Und deswegen ist das sicherlich bei den allermeisten Autoimmunerkrankungen erstmal das erste Mittel

00:06:04: der Wahl, mit dem man anfängt.

00:06:05: Und dann haben wir aber Gott sei Dank in den letzten Jahren ganz enorme Fortschritte gemacht,

00:06:11: das Immunsystem sehr spezifisch und wirklich sehr spezifisch einzelne Bestandteile zu

00:06:19: modulieren.

00:06:20: Wir nennen die neueren Medikamente auch gar nicht mehr immunsuppressiver, sondern eher

00:06:24: immunmodulierende Medikamente.

00:06:26: Wir können ganz viele einzelne Botenstoffe einzeln, herausfiltern und wegnehmen, können

00:06:31: ganz einzelne Rezeptoren plockieren, ganze Zelltypen sogar wegnehmen.

00:06:36: Ja, das kann man sehr gut machen, wenn man eben genau weiß, an welcher Stellschraube

00:06:42: man drehen muss bei den jeweiligen Patienten.

00:06:44: Weil das große Problem ist ja sonst, das ganze Immunsystem ist quasi unterdrückt und man

00:06:49: ist dann anfälliger für Infekte oder auch dafür, dass diese Infekte dann auch schlimm

00:06:53: werden.

00:06:54: Absolut richtig.

00:06:55: Wenn man natürlich sehr breit unterdrückt, wie mit Cortison, dann läuft man in das Problem,

00:06:59: dass die Patienten deutlich infektanfälliger sind, auch für Infektionen, die für uns

00:07:04: normal immunkompetente gesunde Menschen gar keine Probleme machen, sogenannte opatronistische

00:07:09: Infekte.

00:07:10: Dann gibt es noch andere sehr breite Immunsuppressiver, mit denen wir beginnen zu therapieren, wenn

00:07:15: Patienten sehr schwer betroffen sind.

00:07:17: Das sind zum Beispiel Chemotherapeutika, die ganz breit einfach die Vermehrung von auch

00:07:22: Entzündungszellen komplett unterdrücken.

00:07:24: Auch da, die haben natürlich extreme Nebenwirkungen, aber sind auch extrem immunsuppressiv.

00:07:29: Das Problem bei häufigen Infekten ist nicht nur natürlich der Infekt an sich, aber auch,

00:07:35: dass jede Art von Infektion wieder die Autoimmune Entzündung so ein bisschen mitnehmen kann

00:07:39: und die Patienten dann eine Exerzervation entwickeln, also eine Verschlechterung auf der Autimunität.

00:07:44: Okay, dann sind ja diese neueren Medikamente wirklich eigentlich ein richtiger Gamechanger,

00:07:47: kann man schon so sagen.

00:07:49: Wo setzt du denn damit deiner Forschung an?

00:07:51: Einerseits möchten wir vor allem verstehen, das habe ich eben noch nicht erwähnt, auch

00:07:57: wenn man Patienten mit Autoimmunerkrankung gar nicht behandelt, wenn man ihnen kein

00:08:01: immunmodulierendes oder suppressivees Medikament gibt, wissen wir, dass bei fast all diesen

00:08:06: Autoimmunerkrankungen die Patienten eine deutlich schlechtere Abwehr gegen Infekte haben.

00:08:11: Ich erkläre das immer so ein bisschen plakativ und sage, wenn das Immunsystem damit beschäftigt,

00:08:17: es gerade Blödsinn zu machen, also eine Autoimmunität, dann kann es sich auch nicht adäquat mit

00:08:21: einer Infektabwehr auseinandersetzen.

00:08:23: Und das sehen wir tatsächlich auch bei den Patienten im täglichen Alltag.

00:08:28: Das heißt, wir wollen in unserer Forschergruppe gerne versuchen zu verstehen, wo genau das

00:08:34: Problem ist, also welche Mechanismen bei diesen chronisch-romatischen Erkrankungen, die wir

00:08:39: erforschen, dafür verantwortlich sind, dass die Patienten auch eine schlechtere Infektabwehr

00:08:43: haben.

00:08:44: Und dafür muss man zum einen natürlich besser verstehen, was eigentlich schiefläuft bei

00:08:49: diesen Autoimmunerkrankungen, was genau das Problem ist und wie das Immunsystem fehlgeleitet

00:08:53: ist.

00:08:54: Zum anderen aber auch die Medikamente besser verstehen und schauen, wenn man nämlich eingreift.

00:09:00: Ich hatte ja gesagt, wir können sehr spezifisch einzelne Bestandteile verändern.

00:09:04: Wenn man das tut, hat das aber häufig einen Ratten-Schwanz zur Folge von anderen Reaktionen,

00:09:10: weil das Immunsystem wirklich ein Netzwerk ist, was sehr fein aufeinander abgestimmt

00:09:14: ist.

00:09:15: So selbst wenn wir sehr spezifisch nur einen Teil ausschalten, muss das nicht heißen,

00:09:18: dass das nicht auch andere Teile dann getroffen sind.

00:09:20: Und das wiederum müssen wir besser verstehen, um natürlich dann den Patienten auch besser

00:09:24: zu helfen, ihre Infekte wieder abwehren zu können.

00:09:27: Ja, macht total Sinn.

00:09:29: Also wenn man sich vorstellt, als würdet ihr versuchen oder zumindest dahinter zu kommen,

00:09:34: wie können wir das Immunsystem vielleicht umerziehen?

00:09:36: Es ist irgendwie auf die schiefe Bahn geraten, wie kriegen wir das wieder?

00:09:39: Das ist die richtigen, dahin, dass es die richtigen Teile angreift.

00:09:44: Ja, spannend, sehr, sehr spannend.

00:09:45: Ich stelle bei meinen Recherchen immer wieder fest, oder ne, es wird so kommuniziert auch

00:09:51: an der Öffentlichkeit oder in Artikeln, dass Autoimmunerkrankungen zunehmend grundsätzlich.

00:09:58: Ist das wirklich so?

00:09:59: Und wenn ja, warum?

00:10:00: Ja, das ist tatsächlich so, das kann man so sagen.

00:10:03: Das sehen wir vor allem in alternden und industriell entwickelten Populationen.

00:10:09: Zum einen liegt es natürlich daran, dass wir älter werden.

00:10:14: Das heißt, wir überleben länger und haben dadurch prinzipiell eine erhöhte Chance,

00:10:18: gerade Erkrankungen, die im Alter vielleicht häufiger auftreten, noch zu bekommen.

00:10:21: Zum anderen ist natürlich einerseits die Awareness besser geworden, aber auch die Diagnostik.

00:10:28: Wir können vielmehr dieser Erkrankungen jetzt früher und besser diagnostizieren.

00:10:33: Das heißt, automatisch treten dann natürlich auch mehr auf.

00:10:36: Also man erkennt mehr, sozusagen.

00:10:37: Man erkennt sie besser, genau.

00:10:39: Die Diagnose stellt überhaupt die Diagnose.

00:10:41: Im Endeffekt wird ja die Anzahl der gestellten Diagnosen gezählt.

00:10:46: Und wenn wir sie besser finden und benennen können, dann hat man natürlich am Ende auch

00:10:51: eine größere Anzahl dieser Erkrankungen.

00:10:53: Zum anderen ist es so, dass natürlich verschiedene Umweltfaktoren eine Rolle spielen, die wir

00:10:58: teilweise noch nicht ganz kennen.

00:11:00: Ein ganz klarer, den man benennen kann, ist Rauchen zum Beispiel.

00:11:03: Rauchen, Triggert, Entzündung bei vielen Erkrankungen.

00:11:06: Es gibt einzelne Autoantikörper bei bestimmten rheumatischen Erkrankungen, die nur entstehen

00:11:12: bei Rauchern oder ganz massiv noch mal verstärkt werden durch das Rauchen.

00:11:18: Das ist ganz spannend.

00:11:19: Und nicht zuletzt, was wir auch beobachtet haben jetzt in der Pandemie, auch eine große

00:11:25: Infektwelle, wie wir sie jetzt erlebt haben, hat tatsächlich die Anzahl der detektierten

00:11:31: Autoantikörper erhöht.

00:11:33: Also wir haben jetzt einige Verdachtdiagnosen für Autimoneerkrankungen, von denen wir

00:11:37: jetzt aktuell noch nicht ganz genau wissen, ob die im Endeffekt ausbrechen.

00:11:41: Wir messen aber etwas im Blut, was ein Hinweis darauf ist.

00:11:44: Und das ist sehr stark passiert nach Covid-Infektionen und nach Saskoff-Infektionen.

00:11:50: Das heißt, ich gehe noch mal so ein bisschen zurück, wodurch entsteht das.

00:11:55: Also gibt es irgendwie genetische Faktoren, gibt es eben vielleicht, auch du hast gerade

00:11:58: gesagt, es gibt Umweltfaktoren oder Infekte.

00:12:02: Also kann eben auch an Infektionen irgendwie eine Automone-Unerkrankung auslösen?

00:12:06: Genau.

00:12:08: entstehen, tun sie zu einem enormen Anteil sicherlich, einmal durch eine genetische Prädisposition.

00:12:15: Also nicht unbedingt monogenetisch. Das bedeutet, es gibt nicht ein spezielles Gen, was wir identifizieren

00:12:21: können. Das gibt es auch durchaus. Also wir haben durchaus einige Patienten, wo wir genau

00:12:25: sagen können, dieses Gen ist verändert, deswegen haben sie die Erkrankung. Das ist aber eher

00:12:30: ein seltener Fall. In den meisten Fällen ist es eher so, dass wahrscheinlich einfach durch

00:12:35: ein dumm Zufall verschiedene Faktoren von beiden Elternteilen zusammengekommen sind, die dafür

00:12:40: sorgen, dass eben genau diese Immuntoleranz nicht so optimal funktioniert, wie sie funktionieren sollte.

00:12:47: Der Auslöser im Endeffekt, ob man dann jetzt eine Autolimunerkrankung entwickelt oder nicht,

00:12:52: ist wahrscheinlich eine Abfolge dann von verschiedenen Entzündungsereignissen, die man im Laufe

00:12:58: des Lebens hat. Und das sind natürlich in den meisten Fällen Infektionen. Also, sprich mal wieder

00:13:04: dafür, es ist jetzt nicht so sinnvoll, sich jeden Infekt irgendwie einzufangen. Also Infektionsschutzmaßnahmen

00:13:10: sind nach wie vor wichtig. Wenn ich zum Beispiel im Zug fahre und merke, da sitzen sehr, sehr viele

00:13:16: Leute, der ein oder andere hustet, vielleicht dann doch mal eine Maske aufziehen. Ja. Auch durch

00:13:20: dieses molekulare Mimikri, also quasi erregert die Strukturen Nachbilden, die sie vielleicht einerseits

00:13:28: schützen sollen, von dem Immunsystem erkannt und angegriffen zu werden, die andereseits aber dann

00:13:32: dafür sorgen, dass wir sie doch erkennen können, dafür sorgen, dass danach die Bestandteile des

00:13:37: Immunsystems, die eigentlich den Infekt abgewährt haben, sich darauf hin gegen den Körper wenden,

00:13:43: weil er sehr ähnlich aussieht in dem Fall. Ich hoffe, dass es so einigermaßen bildlich erklärt.

00:13:48: Ja, ja, doch auf jeden Fall. Aber das macht das Ganze natürlich echt nochmal sehr viel komplizierter

00:13:55: und schwieriger. Insofern gehen wir mal wieder zurück zu deiner Forschung. Was möchtest du damit

00:14:02: erreichen? Das, was wir bei uns im Labor erreichen wollen, wir haben ja diese ganz enge Verbindung

00:14:08: wirklich von den Patienten zum Labor. Das heißt, die Forschung ist ganz klar bestimmt durch den

00:14:15: Wunsch die Behandlung und so die Lebensqualität der Patienten direkt zu verbessern. Also wir

00:14:22: versuchen gerade natürlich, indem wir uns anschauen, wie wir ihren Schutz vor Infektionen

00:14:29: verbessern können, versuchen wir ihnen damit direkt zu helfen. Das ist sicherlich die direkte

00:14:34: Motivation. Also geht es ein bisschen in die Richtung personalisierte Medizin? Genau, das kann

00:14:41: man sicherlich sagen. Zum einen natürlich auch mit der Idee, dass man, wenn wir besser verstehen,

00:14:47: wo eigentlich der Knackpunkt ist, der eigentlich eine Erkrankung, dass man dann noch spezifischer

00:14:52: ansetzen kann. Zum anderen, wenn man die Medikamente besser versteht und versteht,

00:14:56: an welchen Stellen haben, man eben wirklich dreht, auch da natürlich ihre Infektabwehr zu

00:15:01: verbessern, aber natürlich auch ihre Grunderkrankung und damit direkt ihre Lebensqualität. Und genau

00:15:06: personalisiert ist das, was wir dafür noch brauchen, was ich noch gar nicht erwähnt habe,

00:15:12: aber was sehr sehr wichtig ist, ist auch eine bessere Diagnostik. Also das fehlt tatsächlich aus

00:15:20: meiner Sicht noch so ein bisschen auch bei den Patienten mit chronenschormatischen Erkrankungen

00:15:24: wirklich genau die einzelnen Unterschiede der Erkrankungen zu definieren, um danach dann natürlich

00:15:30: auch personalisiert behandeln zu können. Genau, also einfach spezifischer. Du arbeitest ja als

00:15:35: Klinischen Scientist am Twin Core, also das heißt du bist Forschende Ärztin, du hast es gerade

00:15:41: eben schon mal beschrieben, ihr seid ganz nah an den Patienten, Patientin dran. Wie sieht denn so

00:15:45: dein Arbeitsalltag aus? Also was unterscheidet dich von einer reinen Wissenschaftlerin und auch von

00:15:49: einer reinen Ärztin? Ganz praktisch natürlich ist der Arbeitsalltag geteilt. Je nachdem,

00:15:56: wo ich gerade eingesetzt bin in der Klinik, bin ich vormittags bei den Patienten und sehe

00:16:00: sie ganz normal in der Ambulanz oder auf der Station. Und nachmittags bin ich dann im Labor

00:16:04: und bespreche mit dem Team, wie wir weitermachen. Wir schauen uns Experimente an und planen die

00:16:09: nächsten Studien. Was glaube ich uns von der Herangehensweise so ein bisschen unterscheidet,

00:16:15: ist einerseits, dass wir jeden Tag wirklich die Patienten sehen und dadurch auch ganz klar die

00:16:23: Probleme erkennen können, die sie aktuell haben, die Probleme mit der Erkrankung an sich,

00:16:29: wo es da noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt, die Probleme mit den verschiedenen Infektionen

00:16:34: und natürlich die Probleme mit den Medikamenten, die sie nehmen und den Nebenwirkungen auch,

00:16:38: die dann auftreten. Zum anderen sehen wir die Patienten aber auch natürlich mit einem wissenschaftlichen

00:16:44: Blick. Also ich sehe sie nicht nur als Ärztin, sondern ich schaue schon wirklich genau gibt es

00:16:50: Probleme, die ich wissenschaftlich angehen kann und wo ich sozusagen einen Lösungsweg beschreiten

00:16:56: könnte eventuell. Dann frage ich mal also im Grunde genommen hast du es gerade auch schon so ein

00:17:00: bisschen gesagt, aber was sind so wirklich die Vorteile von dieser Kombination aus einem Forschungszentrum

00:17:07: und der medizinischen Hochschule? Das muss ich vielleicht nochmal kurz sagen, das Twin Core ist

00:17:12: ja quasi diese Mixtur. Einerseits natürlich ganz klar auch die räumliche Nähe. Ich kann von A

00:17:20: nach B laufen mit Proben. Ich kann relativ schnell im Labor sein, wenn wir zum Beispiel eine

00:17:27: wirklich wertvolle Probe zum Beispiel abgenommen haben. Wir schauen in unserer Arbeitsgruppe sehr,

00:17:35: sehr spezifisch uns die Entzündung in einzelnen Geweben an. Das bedeutet nicht nur im Blut,

00:17:41: sondern wirklich am Ort, da wo die Entzündung auch passiert und damit einen großen Fokus einerseits

00:17:46: auf der Haut, aber andererseits auch auf der Lunge, weil das eben Bereiche sind, die einerseits an der

00:17:51: Oberfläche sind, das heißt sehr gerne von Infekten betroffen sind, andererseits aber auch bei eben

00:17:56: diesen chronisch-reumatischen Erkrankungen sehr häufig entzündet und betroffen sind. Das heißt,

00:18:01: wir schauen direkt zum Beispiel in Lavagen von Lungenspiegelungen oder auch in Hautproben und

00:18:08: diese Proben müssen natürlich extrem schnell im Labor ankommen und dort verarbeitet werden und

00:18:14: sie sind natürlich auch besonders wertvoll, weil die Patienten zugestimmt haben, wirklich bei einer

00:18:19: Untersuchung teilweise sogar nur für unsere Studie eine Hautprobe zu spenden. Und dann brauchen

00:18:25: wir natürlich einen optimalen Arbeitsablauf, damit das auch gut funktioniert und wir dieser

00:18:29: Probe auch gerecht werden. Das ist wirklich spannend und auch wirklich gut von den Patienten, also

00:18:35: klasse, dass sie da mitmachen, aber die profitieren ja wahrscheinlich auch direkt davon. Das ist,

00:18:39: glaube ich, auch so diese Kombination. Das hoffen wir, dass wir schnell genug sind,

00:18:42: dass natürlich alle Patienten, die wir jetzt einschließen, auch vielleicht selber noch zumindest

00:18:47: ein wenig davon profitieren. Ja, das Twincore, das hat sich ja translationale Infektionsforschung

00:18:53: auf die Fahne geschrieben. Was genau heißt das, vielleicht auch wirklich jetzt in den

00:18:59: Zusammenhang mit deiner Forschung und welche Vorteile auch gesamtgesellschaftlich kann

00:19:04: dieser Ansatz bieten? Translational beschreibt im Endeffekt ja die Verbindung oder man kann

00:19:09: das auch übersetzen mit From Bench to Bed Zeit, also von der Arbeitsbank im Labor direkt ans

00:19:14: Krankenbed. Das ist ja praktisch der Prototyp von dem, was wir als klinischen Scientists tun.

00:19:20: Wir arbeiten da eben auf beiden Seiten und mit einem ganz klaren Blick auch aus beiden Seiten.

00:19:26: Ich denke, dass es gesamtgesellschaftlich super wichtig ist, genau diesen Blick zu haben und nah an

00:19:34: den Patienten auch dran zu sein. Einerseits natürlich um wirklich genau diese Probleme zu

00:19:39: sehen und sie dann zu erkennen, andererseits aber natürlich auch mit diesem ganz tollen

00:19:44: Grundlagen wissenschaftlichen Hintergrund und der Möglichkeit überhaupt wirklich sehr,

00:19:50: sehr gute Forschung machen zu können. Und das geht sicherlich nicht nur ganz alleine an der

00:19:54: Klinik. Dazu braucht es eben auch so ein ganz spezialisiertes Institut und auch im Hintergrund

00:20:00: ein Team an Menschen, die absolute Spezialisten auf ihrem Gebiet wiederum sind. Ich glaube,

00:20:06: das, was Translation für mich auch sehr bedeutet, ist tatsächlich das Netzwerk, dass man einerseits

00:20:12: in der Klinik das ganz große Netzwerk hat, die einzelnen Patientengruppen zu sehen, aber auch

00:20:18: die Spezialisten für zum Beispiel die Organbeteiligung zu sehen und mit denen sprechen zu können. Zum

00:20:23: anderen aber auch eben dieses fantastische wissenschaftliche Netzwerk mit neuen Methoden,

00:20:29: mit wirklich State of the Art Methoden, die man so alleine überhaupt nicht zusätzlich

00:20:37: anwenden könnte. Und dadurch, dass man an der Bindestelle ist, hat man den Einblick in beide

00:20:43: Welten, aber man hat auch natürlich das Netzwerk im Hintergrund, kann sehr schnell mit den Leuten

00:20:48: reden ins Gespräch kommen, sie aber auch untereinander vernetzen. Ich glaube, das ist so das,

00:20:53: was ich an dieser Schnittstelle so besonders finde, dass man einfach wirklich sehr, sehr gut

00:21:00: diese Welten verbinden kann und auch eben die Profis, die jeweils nur auf der einen Seite stehen

00:21:06: innerhalb der Klinik oder der Wissenschaft. Ja, spannend. An dieser Stelle möchte ich mal einen

00:21:12: kurzen Tipp für unsere Höhrenden, Zuhöhrenden geben. Ich habe ja auch schon mal mit anderen

00:21:18: Forschern und Forscherinnen des Twin Core gesprochen in diesem Podcast, nämlich mit Professor

00:21:22: Thomas Piettschmann in der Folge von Mai 2024. Er ist nämlich der Leiter des Instituts für

00:21:28: experimentelle Virologie am Twin Core und in der Folge vom Januar 2025 habe ich mit Professor

00:21:35: Susanne Heusler gesprochen. Sie forscht am Twin Core zu Krankenhauskeimen und leitet eben hier auch

00:21:41: die Forschungsgruppe "Molekulare Bakteriologie". Hört unbedingt mal in die beiden Folgen rein.

00:21:46: Ich fand es super spannend, die Gespräche und das sind wirklich beides auch wieder sehr, sehr wichtige

00:21:51: Themen, wo man auch wieder merkt, wie wichtig es ist, eben Forschung und Klinik miteinander zu

00:21:56: verbinden. Zum Schluss würde ich jetzt gerne von dir noch, liebe Theresa, ein kleines Fazit hören,

00:22:02: vielleicht so ein bisschen als Tech Home Message für unsere Hörer*innen. Kann man zusammenfassen

00:22:10: oder kann man überhaupt was dazu sagen, was jeder und jede einzelne von uns auch selbst vielleicht

00:22:15: tun kann, um das Risiko für Autimunerkrankungen zu verringern? Ja, natürlich nur eingeschränkt,

00:22:24: weil gegen die oder für diese genetische Prädisposition kann man natürlich nichts machen.

00:22:29: Man hat die Gene, die man abbekommen hat. Was man machen kann, aber ist tatsächlich natürlich ein

00:22:35: Infektprophylaxe. Also entzündliche Trigger, Meiden sich impfen, um quasi nicht sich den

00:22:42: schweren Infekten auszusetzen, die natürlich alle an dem Immunsystem manipulieren. Ich glaube,

00:22:47: so kann man das sagen, das tun Erreger einfach. Zum anderen natürlich prinzipiell darauf achten,

00:22:54: dass man gesund ist und die Organe so gut gesund hält, wie es nur geht. Nicht rauchen,

00:22:59: haben wir schon angesprochen. Dann natürlich ernährungsmäßig kann man noch darauf achten,

00:23:05: dass man sich gesund ernährt, Übergewicht ist etwas, was durchaus auch eine Entzündung

00:23:12: triggern kann. Viel Bewegung, gesund Bewegung im gesunden Maß, sage ich mal, Extremsport ist

00:23:20: sicherlich auch für die Gelenke nicht perfekt, gerade wenn wir überraumatisch herkrankungen reden.

00:23:24: Aber quasi sich gesund halten in einem Normalgewicht. Ernährungsmäßig empfehlen wir eigentlich immer

00:23:29: eine mediterrane Kost, gemüserreich, ungesättigte Fettsäuren, reich und Fleischarm.

00:23:34: Super, da konnten wir glaube ich alle nochmal einiges mitnehmen. Vielen, vielen Dank dir für das

00:23:40: echt spannende Gespräch. Infekte ist ein Podcast der Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

00:23:46: GmbH Braunschweig, produziert von TVN, Corporate Media, Creative Producer, Rolf Rosenstock.

00:23:52: Ich bin Emilia Deman und das war die fünfte Folge unserer zweiten Staffel. Wir hören uns

00:23:58: in der nächsten Folge wieder. Bis dann, ciao.

00:24:05: [Musik]

00:24:09: [Musik]

00:24:12: * Musik *

00:24:15: Die Sendung wurde vom NDR live untertitelt, aber sie Meu Gott.

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