Krankenhauskeime – mit besserer Diagnostik zur schnellen Behandlung
Shownotes
Am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung untersuchen Wissenschaftler:innen die Mechanismen von Infektionskrankheiten und ihrer Abwehr. Die Ergebnisse der Grundlagenforschung entwickeln wir systematisch in Richtung medizinischer Anwendung. Zu den wissenschaftlichen Fragestellungen, die wir bearbeiten, gehören:
Was macht Bakterien oder Viren zu Krankheitserregern?
Warum sind manche Menschen besonders empfindlich, andere dagegen widerstandsfähig gegenüber Infektionen?
Wie können wir in Infektionsprozesse eingreifen?
Wie übertragen wir unsere Erkenntnisse auf die Anwendung beim Menschen?
Zur Klärung solcher Fragen untersuchen wir Erreger, die medizinisch relevant sind oder die als Modell für die Erforschung von Infektionen genutzt werden können. Das Verständnis dieser Mechanismen wird dazu beitragen, Infektionskrankheiten durch neue Medikamente und Impfstoffe zu bekämpfen. Ziele
Aufgabe des Zentrums ist es, zur Bewältigung der Herausforderungen beizutragen, die Infektionskrankheiten im 21. Jahrhundert an Medizin und Gesellschaft stellen. Seine Forschungsschwerpunkte hat das HZI im Programm Infektionsforschung festgelegt. Das Programm legt besonderes Gewicht auf den Transfer von Forschungsergebnissen in die Anwendung, auf die individualisierte Infektionsmedizin und die Anwendung von Informations- und Datentechnologien für die Infektionsforschung.
Wenn ihr mehr über das HZI erfahren wollt, dann schaut doch einmal im Netz unter www.helmholtz-hzi.de vorbei!
Transkript anzeigen
00:00:00: Ein Ort, wo man in der Regel nicht so gerne hingeht.
00:00:04: Aber froh ist, dass es ihn gibt, wenn man ihn braucht.
00:00:08: Ein Ort, an dem es nach Desinfektionsmittel riecht.
00:00:12: Ein Krankenhaus.
00:00:14: Klinisch sauber heißt es.
00:00:16: Und dann die unpassend klingende Alliteration "Krankenhauskeim".
00:00:20: Ein Ort, an dem man gesund werden soll,
00:00:23: wird zur Bedrohung der Gesundheit durch Krankheitserreger,
00:00:26: die oft so hartnäckig sind,
00:00:28: dass es eine gemeinsame Medikamente gegen sie gibt.
00:00:31: Multiresistente Bakterien.
00:00:34: Wie kann das sein?
00:00:39: Und vor allem, wie kann man damit umgehen?
00:00:42: Das erforscht Professor Susanne Häußler mit ihrer Arbeitsgruppe
00:00:45: "Molekulare Bakteriologie" am HZI und am Twincore Hannover.
00:00:49: Welche ausgeklügelten Strategien Bakterien haben,
00:00:52: um zu einem multiresistenten Krankenhauskeim zu werden?
00:00:55: Und was können wir alle tun,
00:00:57: um uns und gefährdete Patientinnen und Patienten davor zu schützen?
00:01:01: Darüber sprechen wir in dieser Folge.
00:01:04: Wie lösen Bakterien und Viren Krankheiten aus?
00:01:07: Wie währt sich unser Immunsystem dagegen?
00:01:10: Und was müssen Wirkstoffe können, um gefährliche Infektionen zu bekämpfen?
00:01:14: Am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, kurz HZI,
00:01:17: wird nach Antworten auf diese Fragen gesucht.
00:01:20: Wie diese Forschung funktioniert?
00:01:22: Wie die Ergebnisse in der Medizin genutzt werden?
00:01:25: Und wer die Menschen sind, die hier forschen?
00:01:27: Das hört ihr hier bei "InFact",
00:01:29: dem Podcast des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung.
00:01:33: Ich bin Julia Deman, Biologin und Wissenschaftsjournalistin.
00:01:37: Hi!
00:01:38: Wir sitzen heute nicht in der Bibliothek des HZI,
00:01:42: sondern in Hannover.
00:01:44: Denn du, Susanne, du bist vor allem hier am Thunkor in Hannover tätig
00:01:48: und leite sowohl hier als auch am HZI in Braunschweig
00:01:51: die Forschungsgruppe "Molekulare Bakteriologie".
00:01:54: Schön, dass du heute ein bisschen Zeit hast,
00:01:56: uns was über deine Forschung zu berichten.
00:01:58: Ja, danke, sehr gern bin ich hier.
00:02:00: Übrigens, dass du in der Wissenschafts-Community, das ist normal,
00:02:03: und deshalb machen wir das hier heute auch.
00:02:05: Dann legen wir direkt mal los.
00:02:07: Wie kann ich mir das Leben eines Krankenhauskeim-Sent so vorstellen?
00:02:11: Nun, statt von Krankenhauskeim sollten wir vielleicht besser sprechen
00:02:15: von nosokomialen Infektionen oder Infektionen, die im Krankenhaus erworben sind.
00:02:19: Diese Infektionen können nämlich durch verschiedene Wege entstehen.
00:02:22: Die Erreger können tatsächlich zuvor im Krankenhaus überleben,
00:02:25: zum Beispiel im Abfluss eines Waschbeckens
00:02:27: und von dort dann auf Patienten übertragen werden.
00:02:29: Die Krankenhauskeime können aber auch direkt oder auch indirekt
00:02:33: durch Kontakt von einem anderen Patienten übertragen werden.
00:02:37: Und dann gibt es noch andere Fälle.
00:02:39: Da bringt der Patient zum Beispiel den Keim mit in das Krankenhaus,
00:02:42: zum Beispiel auf der Haut.
00:02:44: Erst durch die medizinische Behandlung im Krankenhaus
00:02:47: erhöht sich dann die Anfälligkeit des Patienten für eine Infektion
00:02:51: mit eben diesem Keim.
00:02:53: Ein anschauliges Beispiel dafür ist eine Wundinfektion
00:02:56: nach einem chirurgischen Eingriff.
00:02:58: Auch hier sprechen wir dann von einer im Krankenhaus erworbenen Infektion.
00:03:02: Das heißt, der Keim ist sozusagen vorher schon auf der Haut gewesen,
00:03:05: machte aber nichts.
00:03:07: Durch den Eingriff ist er dann von der Haut in die Blutbahn gelangt.
00:03:10: Er ist erstmal in die Wunde.
00:03:12: Also das ist ein ganz klassischer, ein chirurgischer Eingriff.
00:03:15: Wir haben eine Wunde und die infiziert sich dann im Krankenhaus
00:03:19: mit einem Keim, der vorher auf der Haut war.
00:03:21: Und normalerweise macht dieser Keim keine Probleme,
00:03:24: aber dadurch, dass wir die Wunde haben,
00:03:26: wird dieser Patient vulnerabler für genau diese Infektion.
00:03:30: Und das sind auch im Krankenhaus erworbene Infektionen,
00:03:33: mit denen wir dann zu tun haben.
00:03:36: Ja, wie viel haben wir denn damit zu tun?
00:03:38: Wie hat sich die Situation mit diesen Krankenhausinfektionen
00:03:41: in den letzten Jahren entwickelt, also in Deutschland
00:03:44: und vielleicht auch im Vergleich zu anderen Ländern?
00:03:46: Wie stehen wir da?
00:03:48: Es gibt sehr, sehr gezielte Programme und insbesondere Hygienekontrollmaßnahmen.
00:03:51: Und die sind ganz wichtig, um die Infektionsraten
00:03:54: in den Kliniken zu senken.
00:03:56: Und die Handhygiene, das ist der Klassiker,
00:03:58: die spielt immer noch eine ganz herausragende Rolle da.
00:04:01: Und deswegen sind wir abhängig von den jeweiligen Gesundheitssystemen
00:04:05: und den Präventionsstrategien, die in den jeweiligen Krankenhäusern
00:04:08: implementiert sind.
00:04:10: Und die sind entscheidend und sehr unterschiedlich
00:04:12: zwischen den unterschiedlichen Ländern.
00:04:14: Allgemein finden wir ein ganz starkes Nord-Süd-Gefälle.
00:04:17: Im Norden gibt es in den Krankenhaus
00:04:19: sehr viel weniger Krankenhausinfektionen
00:04:21: und im Süden sehr viel mehr.
00:04:23: In Deutschland sagen wir so,
00:04:25: dass ungefähr 500.000 Krankenhausinfektionen pro Jahr gemeldet werden.
00:04:28: Wie merkt man das dann,
00:04:30: dass sich eine Patientin mit so einem resistenten Krankenhaus
00:04:33: Kalm dann auch infiziert hat?
00:04:35: Bleiben wir vielleicht mal bei der Wund-Infektion.
00:04:37: Wenn die Wunde sich infiziert,
00:04:39: dann haben wir erst die typischen klinischen Zeichen.
00:04:42: Das ist Rötung, Schwellung, Überwärmung, dann auch Schmerzen.
00:04:45: Und dann kann sich auch Eiter bilden
00:04:48: als Zeichen einer bakteriellen Infektion
00:04:50: und die Wunde verheilt nicht.
00:04:52: Dann kann der Arzt veranlassen,
00:04:54: dass eine Probenentnahme veranlasst wird
00:04:57: und diese wird dann in die medizinische Mikrobiologie geschickt.
00:05:00: Dort wird dann der Keim aus dem Probenmaterial isoliert,
00:05:03: kulturell angezüchtet
00:05:05: und dann wird das Antibiotikeresistenzprofil bestimmt.
00:05:08: Und dieses ist wichtig,
00:05:10: damit der Arzt weiß, welcher Antibiotikum der Patient noch bekommt
00:05:13: und welches eben nicht mehr,
00:05:15: weil dieser Krankenhaus Kalm eine entsprechende Resistenz entwickelt hat.
00:05:18: Okay, das heißt, da würde man dann auch entsprechend
00:05:21: einen Antibiotikum einfach geben können.
00:05:24: Nehmen der lokalen Versorgung der Wunde,
00:05:27: das ist ganz furchtbar wichtig,
00:05:29: die gegebenenfalls ein geeignetes Antibiotikum gegeben,
00:05:32: um vor allem die Komplikation und die Wundeheilungsstörung,
00:05:35: aber dann auch die Komplikation, die sich daraus ergeben können,
00:05:38: zu verhindern, wie zum Beispiel im schlimmsten Fall
00:05:40: eine Blutvergiftung oder ein Sepsis.
00:05:42: Du untersuchst ja vor allem Infektionen mit dem Bakterium Pseudomonas aerogenosa.
00:05:47: Warum ausgerechnet dieser Erreger?
00:05:50: Wir arbeiten schon sehr, sehr lange mit Pseudomonas aerogenosa
00:05:53: und wir benutzen Pseudomonas als ein Modellorganismus.
00:05:56: Das ist ein Modellorganismus für sehr schwere problematische
00:05:59: im Krankenhaus erworbenen Infektionen.
00:06:02: Pseudomonas ist deswegen besonders spannend, weil er natürlicherweise,
00:06:05: sozusagen von Natur aus, eine sehr hohe Resistenzprofil mitbringt.
00:06:08: Und Pseudomonas produziert sehr viele verschiedene Virulenzfaktoren
00:06:12: und die führen dazu, dass er ein breites Spektrum
00:06:15: an verschiedenen Infektionen auslösen kann,
00:06:18: also an verschiedenen Hahnwecksinfektionen, Augeninfektionen,
00:06:21: Lungeninfektionen und Infektionen.
00:06:23: Das ist für uns besonders spannend.
00:06:25: Diese Infektionen können sehr schwer sein.
00:06:27: Und außerdem verursacht Pseudomonas auch chronische Infektionen
00:06:30: oder kann chronische Infektionen hervorrufen,
00:06:33: zum Beispiel wieder in der Wunde.
00:06:35: Und diese Infektionen sind besonders schwer zu therapieren.
00:06:38: Wo kommt das vor? Also wo findet sich das?
00:06:42: Ist das auch so ein Keim, der bei uns auf der Haut ist?
00:06:44: Oder wo lebt der?
00:06:45: Pseudomonas wird auch als Pfützen-Keim bezeichnet.
00:06:48: Er kommt eigentlich überall vor, weltweit, in der Umwelt,
00:06:51: im Boden, in den Gewässern, aber auch bei uns in den Krankenhäusern,
00:06:54: vor allem in den Nasszellen, überlebt z.B. im Abfluss vom Waschbecken.
00:06:58: Für den gesunden Menschen kann er auch mal auf der Haut vorkommen.
00:07:01: Das wäre nicht unnormal, ist aber man nennt ihn transient,
00:07:05: er besiedelt transient die Haut, das ist kein natürlicher Hautbewohner.
00:07:08: Beim gesunden Menschen macht Pseudomonas eigentlich keine Probleme.
00:07:12: Er ist ein ganz klassischer opportunistischer Erreger.
00:07:16: Das heißt, erst wenn der Patient eine gewisse Predisposition hat,
00:07:19: dann können Erkrankungen entstehen oder Infektionen mit Pseudomonas.
00:07:24: Pseudomonas hat besonders die große Schwierigkeit,
00:07:27: die erste physikalische Barriere zu überwinden.
00:07:30: Also Pseudomonas macht Infektionen bei beatmeten Patienten,
00:07:34: die intubiert sind und dort kann er Lungenentzündung hervorrufen.
00:07:37: Oder wenn wir Handwerksinfekte haben,
00:07:40: dann vor allem bei Patienten mit einem Katheter.
00:07:43: Und bei der Wundinfektion, es ist auch Verletzung der Haut,
00:07:46: erste physikalische Barriere, dann kann der Pseudomonas
00:07:50: eine Wundinfektion machen.
00:07:52: Und die sind, wirklich hatte ich vorhin schon gesagt,
00:07:55: können chronisch werden, sehr schwer zu therapieren.
00:07:58: Und das liegt vor allem daran, dass die Bakterien
00:08:01: in diesen wunden Biofilme, sogenannte Biofilme-Gemeinschaften ausbilden.
00:08:04: Und die sind sehr, sehr schwer wieder wegzubekommen.
00:08:08: Ja, also ich glaube die meisten kennen Biofilme als so eine Art Schleimgeschicht,
00:08:13: die sich auf Oberflächen bilden kann, zum Beispiel an Schiffsbäuchen,
00:08:17: die so eben im Wasser liegen oder auch an Gummidichtung der Duschwand,
00:08:23: wenn man das nicht regelmäßig sauber macht.
00:08:25: Was ist denn das tückische an Biofilmen, die jetzt so Krankenhauskeime machen?
00:08:29: Biofilmen heißt eigentlich nur, dass die Bakterien
00:08:32: eine Schleimschicht als Schutz produzieren, in die sie sich selber dann einbetten.
00:08:37: Und das ist eine physikalische Barriere für die Bakterien.
00:08:40: Die schützt sie sehr wirksam vor dem Immunsystem, aber auch vor Umwelteinflüssen,
00:08:44: also im Schiffsrumm sind das Ausdrocknung, Hitze, Sonneinstrahlung.
00:08:49: Also ein sehr wirksamer Schütz.
00:08:51: Wichtig ist aber auch, dass die Bakterien durch diesen Schleim
00:08:55: aneinander geheftet werden und dann zumeist auch auf eine Oberfläche.
00:08:58: Und damit sind sie lokalisiert und sesshaft.
00:09:01: Damit verändert sich ihr Wachstumsverhalten.
00:09:04: Sie wachsen dort viel, viel langsamer.
00:09:06: Und das klingt vielleicht zunächst mal günstig.
00:09:09: Ist aber ein großes Problem, weil sich der Metabolismus,
00:09:12: also der Stoffwechsel der Bakterien auch entsprechend anpasst und verlangsamt.
00:09:16: Und damit werden unsere Antibiotika weniger wirksam.
00:09:20: Und deswegen sind die Bakterien in Biofilmen resistent
00:09:24: oder wir sagen auch tolerant gegen Antibiotikaterapie.
00:09:26: Dann frage ich mich jetzt, wie geht man damit um?
00:09:29: Weil du eben auch sagtest, dann sucht man eben nach dem geeigneten Antibiotikum.
00:09:34: Aber wenn sie halt resistent gegen so viele Bakterien,
00:09:37: so viele Antibiotika sind, ist schwierig, oder?
00:09:40: Ist sehr schwierig.
00:09:42: Es gibt Ansätze in der Forschung, dass wir versuchen,
00:09:45: die Bakterien sozusagen wieder aufzuwecken.
00:09:48: Also, ihnen aus diesem schlafenden, langsam wachsenden Zustand rauszubekommen,
00:09:54: zugänglich zu machen für die klassischen Antibiotika. Warum ist das eigentlich so, dass dieser
00:09:59: langsame Zustand oder dieser Stoffwechsel verlangsamt ist, dass das schwieriger ist,
00:10:07: dann da zu therapieren? Das ist eine Strategie von den Bakterien. Die Antibiotika zielen vor
00:10:13: allen Dingen auf essenzielle Stoffwechselwege. Es gibt ja verschiedene Klassen von Antibiotika und
00:10:20: jede Klasse zielt auf ein anderes Target, eine andere Zielstruktur, aber die sind alle abhängig
00:10:29: davon, dass die Bakterien schnell wachsen. Das ist ja das Ziel eines Antibiotika, etwas,
00:10:33: was schnell wächst, schnell zu töten. Das ist das Ziel des Antibiotika. Wenn das Bakterium
00:10:41: aber gar nicht mehr wächst, dann fällt diese Zielstruktur weg und damit werden sie sehr,
00:10:47: sehr viel resistent haben. Wahnsinn. Du leitest ja auch eine Forschungsgruppe am Twin Core,
00:10:54: dem Zentrum für experimentelle und klinische Infektionsforschung. Das ist ein Standort des
00:11:00: HZI, der zusammen mit der Medizinischen Hochschule Hannover eingerichtet wurde. Wie profitiert
00:11:05: denn deine Gruppe in Hannover von der Medizinischen Hochschule? Wir haben das große Glück,
00:11:09: dass wir nicht noch im Helmholtz, wo gerade technische Infrastruktur, von der wir sehr
00:11:13: abhängig sind und sehr von profitieren, Zugang zu haben, sondern eben auch, dass wir ein
00:11:19: Teil der Arbeitsgruppe an der HMH sind. Hier ist es wichtig für uns, einen direkten Kontakt
00:11:24: mit den medizinischen Mikrobiologen zu stehen. Wir bekommen auch Patientenisolate, bakterielle
00:11:29: Patientenisolate von dort. Das ist ein wichtiger Teil für unsere Forschung und wir sind auch
00:11:34: in Kontakt mit den behandelnden Ärzten. Mal so wirklich aus dem Lehrkästchen sind das viele.
00:11:40: Wenn du sagst, du bekommst da oder ihr bekommt da eben die Patientenproben tatsächlich,
00:11:45: was ja gut ist für die Forschung, aber also kommt das häufig vor? Wir sequenzieren,
00:11:51: das ist ein großes Forschungsprojekt, kommen wir ja gleich noch, das wäre molekulare Diagnostik
00:11:54: machen. Also wir sequenzieren Tausende von Bakterienisolaten. Alle von der medizinischen
00:12:02: Hochschule Hannover. Ja und vom Rieshospital in Kuppenhagen. Genau, da kommen wir gleich
00:12:08: noch drauf. Wie könnt ihr denn, also du hast es jetzt gerade schon auch angesprochen, es geht
00:12:14: ums vor allem diagnostizieren, wie könnt ihr denn diese Infektion besser und schneller und
00:12:20: auch vielleicht genauer diagnostizieren, was braucht ihr dafür und was fehlt vielleicht auch
00:12:24: noch? Wir sind wirklich davon überzeugt, dass die Zukunft der medizinisch-mikrobiologischen
00:12:30: Diagnostik nicht mehr auf kulturellen Verfahren beruhen wird, so wie es jetzt gemacht wird.
00:12:34: Die brauchen sehr viel Zeit, wirklich sehr viel Zeit, wir haben nicht, also wir können keine
00:12:39: Ergebnisse über Antibiotika-Resistenzen vor zwei Tagen erwarten und die sind auch sehr
00:12:44: arbeitsaufwendig. Also die Zukunft wird eine moleklare Diagnostik sein und dabei wird es
00:12:50: wahrscheinlich sehr wichtig sein, dass Bakterielle Genom auszulesen. Das heißt die bakteriellen
00:12:55: Genome werden sequenziert werden im großen Stil und dabei wird geguckt werden auf das vorhanden
00:13:01: sein von Genen und auch genomischen Markern, also Mutationen, die Antibiotika-Resistenzen
00:13:08: vorher sagen. Du hast es gerade schon Kopenhagen erwähnt, da hast du nämlich auch noch ein
00:13:13: Labor aufgebaut. Was wird da genau untersucht und bist du da häufiger? Ich habe 2019 ist das
00:13:20: jetzt schon gewesen, angefangen auch ein Labor in Kopenhagen aufzubauen und ich war in den ersten
00:13:25: drei Jahren praktisch die gesamte Arbeitszeit im Rieshospital, das ist das Universitätsklinikum
00:13:31: in Kopenhagen in der medizinischen Mikrobiologie und wir haben dort eine Pipeline aufgebaut
00:13:36: zur wirklich systematischen Sequenzierung von Bakteriellen Genom und da sequenzieren wir
00:13:43: mittlerweile einen sehr sehr großen Anteil von den klinischen Isolaten, die dort in der
00:13:47: medizinischen Mikrobiologie von den stationären Patienten verarbeitet werden. Mittlerweile verbringen
00:13:53: jetzt ungefähr 50 Prozent meiner Arbeitszeit am Rieshospital und wir arbeiten jetzt mit den
00:13:59: Genomen, die wir sequenziert haben, die haben wir jetzt auf unseren Servern liegen und wir arbeiten
00:14:03: mit diesen sowohl am Twinco als auch am HCI und auch am Reichshospital und es geht wirklich darum,
00:14:09: in diesen Genomen bakterielle Signaturen zu identifizieren, die uns verraten, ob der Erreger
00:14:14: resistent ist oder eben nicht. Das ist jetzt so der Forschungsteil, wie sieht das in der Praxis
00:14:20: aus? Also klar, wir haben eingangs schon über die Handhygiene gesprochen. Was können denn Ärztinnen
00:14:25: und auch Pflegepersonal tun, um solche Resistenzen vielleicht auch vorzubeugen? Geht das überhaupt?
00:14:32: Ja, die Resistenzen entstehen, wenn die Bakterien einem Antibiotikum ausgesetzt werden und sie
00:14:36: müssen Strategien entwickeln und dann trotzdem zu überleben. Daher ist es wirklich sehr wichtig,
00:14:41: dass wir möglichst wenig Antibiotika verwenden und dann, wenn wir sie verwenden, dass wir sie
00:14:47: auch korrekt verwenden. Das heißt, in der richtigen Dosierung und in der richtigen Zeit, die wir
00:14:52: die Antibiotika dann noch einnehmen, das ist wirklich furchtbar wichtig. Und spielt Hygiene da auch
00:14:57: eine Rolle? Ja, die Verbreitung der Chalme im Krankenhaus ist zum ganz großen Anteil auf
00:15:03: dem Mangel der Hygiene zurückzuführen, sodass die Chalme entweder direkt von Patient zu Patient
00:15:07: übertragen werden oder indirekt zum Beispiel über die Hand von einem Pflegenden oder von einem Arzt
00:15:12: oder auch über unbelebte Gegenstände betten, sodass man heute immer noch sagen muss, im Krankenhaus
00:15:17: Handhygiene ist und bleibt das wirklich das wirkungsvollste Mittel vom Krankenhausinfektion
00:15:23: oder Übertragungen im Krankenhaus zu vermeiden. Sollte man ja eigentlich meinen, wir sind jetzt im
00:15:27: Jahr 2025, sollte man eigentlich so weit sein, dass die Hygiene eingehalten wird oder also,
00:15:34: dass das hygienisch genug ist? Ja, und es ist auch relativ einfach, man weiß, was zu tun ist. Wir
00:15:40: sind trotzdem so, Bakterien sieht man nicht, die Übertragung, dass eine Übertragung stattgefunden
00:15:49: hat, das wird in vielen Fällen gar nicht aufgedeckt oder sehr, sehr viel später mit einem großen
00:15:53: Zeitverzug und insofern ist das Feedback, wie gut sind wir in der Handhygiene für den Einzelnen
00:15:59: nicht unmittelbar und deswegen ist es wahrscheinlich schwer. Aber wir wissen, dass es Programme gibt,
00:16:05: die sehr effektiv des Pflegepersonal und die pflegenden Kräfte insgesamt dazu bringen,
00:16:12: Handhygiene einzuhalten und dass das auch deutlich die Infektionsraten runter.
00:16:16: Hat sich mit, jetzt so während deiner Arbeit, deine eigene Handhygiene verändert oder generell
00:16:24: so dann deiner eigenen Verhalten im Alltag, was die Hygiene angeht? Im Alltag im Grunde genommen
00:16:30: nicht. Wir sind in unserem Alltag eigentlich kein gefährlichem Bakterien ausgesetzt. Erst wenn
00:16:35: wir zum Beispiel, haben wir schon drüber gesprochen, eine Verletzung haben, das gilt auch für uns,
00:16:39: eine Verletzung der Haut, dann müssen wir dafür sorgen, dass die Wunde sich nicht infiziert,
00:16:44: sprich dann kommen Hygienemaßnahmen ins Spiel und weiß ich nicht, ob ich da jetzt sorgfältiger
00:16:52: bin als andere, aber das ist mir natürlich schon klar, was da passieren kann, auch wenn man es nicht
00:16:57: sieht. Es ist ja für deine Forschung aber wichtig, also was heißt es wichtig, dass das noch stattfindet,
00:17:02: aber um das eben zu verbessern, gibt es was, was du dir wünschen würdest, so aus der Forscherin
00:17:11: Sicht? Um die Übertragung zu reduzieren, haben wir vorhin schon angesprochen, wir sind daran
00:17:17: interessiert, sehr viele Genome zu sequenzieren. Wir versuchen, Informationen über Antibiotikaresistenzen,
00:17:24: über die Mechanismen herauszufinden, um dann auch bessere Diagnostik zu machen. Und wenn wir das
00:17:30: machen, wenn es eine molekulare Diagnostik gibt, dann kann man auch darüber ein Monitoring betreiben,
00:17:36: dass sehr viel präziser ist. Und das wäre vielleicht etwas, wo wir ansetzen oder wo es in der
00:17:42: Zukunft eine bessere molekulare Surveillance gibt. Das heißt also, dass man wirklich präziser Krankenhaus,
00:17:51: kein Bewegung verfolgen kann und dann eben auch entsprechende Maßnahmen präziser ergreifen kann.
00:17:57: Maßnahmen wären dann, dass wir dann wahrscheinlich deine Kollegen am HZI neue Antibiotika zu entwickeln
00:18:04: oder andere Medikamente, die solche Resistenzen umgehen können?
00:18:07: Da meine ich jetzt eher direkt im Klinikum Maßnahmen, das wären dann Infektionskontrollmaßnahmen. Aber
00:18:12: natürlich, wenn wir Genome haben und wir wissen, wie die Verteilung der Resistenzmechanismen sind,
00:18:18: wie auch die verschiedenen Strukturen, die vielleicht neue Tages wären für Antibiotika,
00:18:22: wie die verteilt sind, wie häufig sie anwesend sind in den Genomen, wie sie exprimiert werden,
00:18:28: dann kann das natürlich auch Informationen bieten für die Entwicklung von neuen Antibiotika.
00:18:32: Also du bist sehr, sehr eingebunden und ja auch nicht nur hier, sondern eben auch in Kopenhagen.
00:18:38: Du hast gerade gesagt, 50 Prozent deiner Arbeitszeit, das finde ich schon relativ viel. Wie erholst du dich denn?
00:18:43: Wie sieht so deine Freizeit aus?
00:18:45: Also meine Freizeit verbringe ich tatsächlich am liebsten mit meiner Familie, mein Mann.
00:18:49: Und wir haben zwei mittlerweile erwachsene Töchter. Das ist so meine Quelle von Erholung und Inspiration.
00:18:55: Ja, kann ich mir gut vorstellen. Vor allem wenn du dann gar nicht so wieder bist.
00:19:00: Ja prima, vielen, vielen Dank. Super spannend und ja, weiter so.
00:19:06: Ja, ich danke.
00:19:07: Professor Susanne Häusler erforscht Krankenhausinfektionen mit multiresistenten Bakterien.
00:19:16: InFact ist ein Podcast der Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung GmbH Braunschweig.
00:19:22: Produziert von TVN Corporate Media, Creative Producer Rolf Rosenstock.
00:19:27: Ich bin Julia Deman und das war die erste Folge unserer zweiten Staffel.
00:19:31: In der nächsten Folge spreche ich mit Dr. Julia Port über ihre Forschung zu M-Pox,
00:19:36: generelle Erkenntnisse zu Übertragung von Viren und wie wir uns am besten davor schützen können.
00:19:42: [Musik]
00:19:48:
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